German with Theodor Storm. Immensee
Text adaptation by Irina Solntseva and Ilya Frank
English translation by Olga Tyuleneva
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Der Alte
(The Old Man)
An einem Spätherbstnachmittage (one afternoon: «closer to the evening» in the late autumn: der Nachmittag — afternoon; der Herbst — autumn/fall; spät — late) ging ein alter, wohlgekleideter Mann (a well-dressed old man was walking; kleiden — to dress; das Kleid — dress) langsam (slowly) die Straße hinab (down the street; hinabgehen — to go down). Er schien von einem Spaziergange nach Hause zurückzukehren (he seemed to be returning: «to return» home from a walk; scheinen — to seem; der Spaziergang — walk; spazieren gehen — to walk; to go for a walk); denn (for/as) seine Schnallenschuhe (his buckle-shoes: «his shoes with a buckle»; die Schnalle — buckle; schnallen — to buckle; der Schuh — shoe), die einer vorübergegangenen Mode angehörten (which belonged to a bygone fashion; vorübergehen — to pass; vorüber — by; past), waren bestäubt (were covered with dust; bestäuben — to dust /archaic: to make or become dirty with dust/; to cover with dust; der Staub — dust). Den langen Rohrstock (a long cane; der Rohrstock — cane; /walking/ stick/cane; das Rohr — pipe; cane; der Stock — stick; cane) mit goldenem Knopf (with a golden knob; der Knopf — button; knob) trug er (carried he; tragen) unter dem Arm (under his arm; der Arm — arm; = under his arm he carried a long, gold-headed cane); mit seinen dunklen Augen (/with/ his dark eyes; dunkel; das Auge, die Augen), in welche sich die ganze verlorene Jugend gerettet zu haben schien (in which all the lost youth seemed to have escaped; verlieren — to lose; retten — to save; scheinen — to seem) und welche eigentümlich von den schneeweißen Haaren abstachen (and which contrasted peculiarly with /his/ snow-white hair; der Schnee — snow; weiß — white; das Haar, die Haare; von etwas abstechen — to differ /from/; to contrast /with/), sah er ruhig umher (looked he calmly around; sehen; die Ruhe — rest; calm; peace) oder in die Stadt hinab (or into the town below), welche im Abendsonnendufte (which in the haze of the sunset: «the evening sun»; der Duft — fragrance; aroma; haze; die Sonne — sun; der Abend — evening) vor ihm lag (lay before him; liegen). — Er schien fast ein Fremder (he appeared to be almost a stranger); denn von den Vorübergehenden (for of the passers-by) grüßten ihn nur wenige (only a few greeted him), obgleich mancher umwillkürlich (although many: «some /Sing./» involuntarily) in diese ernsten Augen zu sehen gezwungen wurde (were compelled to gaze into these: «those» grave eyes; zwingen — to compel; to force).
An einem Spätherbstnachmittage ging ein alter, wohlgekleideter Mann langsam die Straße hinab. Er schien von einem Spaziergange nach Hause zurückzukehren; denn seine Schnallenschuhe, die einer vorübergegangenen Mode angehörten, waren bestäubt. Den langen Rohrstock mit goldenem Knopf trug er unter dem Arm; mit seinen dunklen Augen, in welche sich die ganze verlorene Jugend gerettet zu haben schien und welche eigentümlich von den schneeweißen Haaren abstachen, sah er ruhig umher oder in die Stadt hinab, welche im Abendsonnendufte vor ihm lag. — Er schien fast ein fremder; denn von den Vorübergehenden grüßten ihn nur wenige, obgleich mancher umwillkürlich in diese ernsten Augen zu sehen gezwungen wurde.
Endlich stand er von einem hohen Giebelhause still (at last he stopped before a high gabled house; stillstehen — to stop; to stand still; hoch — high; der Giebel — gable; das Giebelhaus — gabled building), sah noch einmal in die Stadt hinaus (looked out toward the town once more; hinaussehen — to look out; hinaus — outside; out: «there-out») und trat dann in die Hausdiele (and then entered the hall/lounge of the house; treten — to tread; to step). Bei dem Schall der Türglocke (at the sound of the door-bell; der Schall; schallen — to sound; die Tür — door; die Glockе — bell) wurde drinnen in der Stube von einem Guckfenster (was inside = in the room in front of the small /observation/ window; gucken — to look; das Fenster — window), welches nach der Diele hinausging (that looked out: «went out» on to the hall), der grüne Vorhang weggeschoben (the green curtain moved aside; schieben — to push; to move; weg — away; off; wegschieben — to push away; to move aside) und das Gesicht einer alten Frau dahinter sichtbar (and the face of an old woman was seen: «/became/ visible» behind it; dahinter — /there/ behind; behind it; sichtbar — visible; die Sicht — view; visibility; = at the sound of the door-bell some one in the room within drew aside the green curtain from a small window that looked out on to the hall, and the face of an old woman was seen behind it). Der Mann winkte ihr mit seinem Rohrstock (the man made a sign to her with his cane; winken — to signal; to wave). „Noch kein Licht!“ (no light yet = light is not necessary yet; das Licht) sagte er in einem etwas südlichen Akzent (he said in a slightly southern accent; der Akzént); und die Haushälterin ließ den Vorhang wieder fallen (and the housekeeper let the curtain fall again; die Haushalt — housekeeping; halten — to hold; fallen lassen — to let fall).
Endlich stand er von einem hohen Giebelhause still, sah noch einmal in die Stadt hinaus und trat dann in die Hausdiele. Bei dem Schall der Türglocke wurde drinnen in der Stube von einem Guckfenster, welches nach der Diele hinausging, der grüne Vorhang weggeschoben und das Gesicht einer alten Frau dahinter sichtbar. Der Mann winkte ihr mit seinem Rohrstock. „Noch kein Licht!“ sagte er in einem etwas südlichen Akzent; und die Haushälterin ließ den Vorhang wieder fallen.
Der Alte ging nun über die weite Hausdiele (the old man passed through the broad hall of the house), dann durch einen Pesel (then through an inner hall; der Pesel — /Low German/ a large room for eating and celebrations on the ground floor of a peasant house), wo große Eichschränke mit Porzellanvasen an den Wänden standen (wherein against the walls stood big oaken cabinets/cupboards bearing porcelain vases; die Eiche — oak; der Schrank — cabinet; cupboard; das Porzellán — porcelain; die Wand, die Wände — wall, walls); durch die gegenüberstehende Tür trat er (through the door opposite he entered; treten) in einen kleinen Flur (a small corridor/inner porch), von wo aus eine enge Treppe (from which a narrow staircase; von wo aus — from where) zu den oberen Zimmern des Hinterhauses führte (led to the upper rooms at the back of the house; das Zimmer, die Zimmer; das Hinterhaus — rear/back building; outhouse; hinter — behind). Er stieg sie langsam hinauf (he climbed them = the stairs slowly; hinaufsteigen — to ascend; to climb up; hinauf — up; upward: «there-up»), schloss oben eine Tür auf (unlocked a door at the top; schließen — to close; aufschließen — to open) und trat dann in ein mäßig großes Zimmer (and entered then a room of medium size: «moderately big»).
Der Alte ging nun über die weite Hausdiele, dann durch einen Pesel, wo große Eichschränke mit Porzellanvasen an den Wänden standen; durch die gegenüberstehende Tür trat er in einen kleinen Flur, von wo aus eine enge Treppe zu den oberen Zimmern des Hinterhauses führte. Er stieg sie langsam hinauf, schloss oben eine Tür auf und trat dann in ein mäßig großes Zimmer.
Hier war es heimlich und still (it was comfortable and quiet here); die eine Wand fast mit Repositorien und Bücherschränken bedeckt (оne of the walls was covered = lined with stacks/shelves and bookcases; der Schrank, die Schränke — cabinet; cupboard; bedecken — to cover); an der anderen hingen Bilder von Menschen und Gegenden (on the other hung pictures of men and places; hängen — to hang; das Bild — picture; die Gegend — place; area); vor einem Tische mit grüner Decke (before one table with a green tablecloth; der Tisch), auf dem einzelne aufgeschlagene Bücher umherlagen (on which a number of/some open books lay; aufschlagen — to open; umherliegen — to lie in disarray; to lie in a mess; umher — round; around), stand ein schwerfälliger Lehnstuhl mit rotem Sammetkissen (stood a clumsy arm-chair with a red velvet cushion; der Stuhl — chair; sich lehnen — to lean; das Kissen — cushion; der Sammet = Samt — velvet). — Nachdem der Alte Hut und Stock in die Ecke gestellt hatte (after the old man had placed his hat and stick in a corner; der Hut; der Stock), setzte er sich in den Lehnstuhl (he sat down in the arm-chair) und schien mit gefalteten Händen von seinem Spaziergange auszuruhen (and, folding his hands: «with folded hands», seemed to be taking his rest after his walk; scheinen — to seem; der Spaziergang — walk; spazieren gehen — to go for a walk).
Hier war es heimlich und still; die eine Wand fast mit Repositorien und Bücherschränken bedeckt; an der anderen hingen Bilder von Menschen und Gegenden; vor einem Tische mit grüner Decke, auf dem einzelne aufgeschlagene Bücher umherlagen, stand ein schwerfälliger Lehnstuhl mit rotem Sammetkissen. — Nachdem der Alte Hut und Stock in die Ecke gestellt hatte, setzte er sich in den Lehnstuhl und schien mit gefalteten Händen von seinem Spaziergange auszuruhen.